Überall – Bernhard Beyer, 2023

Das Gemälde ‚Überall‘ des Künstlers Bernhard Beyer aus dem Jahr 2023 ist auf einer HDF-Platte im Maß 115 x 64 cm / 45 x 25 in mit Eitempera gemalt.

Der schlichte Rahmen mit Schattenfuge wurde eigens für das Bild aus Multiplex gefertigt.

Die Materialität der Eitempera betont das Flache des Gemäldes.

Den Malstil bestimmen auf der Bildfläche verteilte handgroße Farbflecken in unterschiedlichen Möglichkeiten des Farbauftrags. Dabei wendet der Künstler verschiedene Techniken wie deckend, lasierend, trocken oder nass, offen, geschlossen und mit freier Geste an. Die Farben dieser Flecken stehen für sich allein und repräsentieren ihre jeweils eigene materielle und optische Qualität und Quantität. Eine Verschmelzung untereinander gibt es nicht, doch verändert sich aufgrund der Überlagerung der Flecken das Erscheinungsbild, was den Eindruck eines Farbverlaufs wecken kann. An den Rändern blitzen einzelne Pinselstriche scheinbar unwillkürlich auf und es beginnt ein dynamisches Spiel.
Das Farbspektrum reicht vom tiefen Schwarz über weitere Farben bis hin zum unbemalten weißen Bildgrund ohne jeglichen Auftrag von Eitempera. Die drei Grundfarben Rot, Blau und Gelb dominieren. Die Farbe Gelb leuchtet rein, während Rot und Blau in pastellartigen Farbtönen wie Rosé und lichtem Ultramarin bis hin zu hellem Azur vorkommen sowie als Lila oder Violett in Mischungen. Dazwischen finden sich gebrochene Farben wie Creme, Erd- und Hauttöne.
Farbkleckse und Übermalungen wecken eine starke Farbspannung und einen tiefen imaginären Raum auf der Fläche.

Überall, Malerei von Bernhard Beyer aus 2023 mit Eitempera auf HDF-Platte in 115 x 64 cm
Überall, Bernhard Beyer, 2023
115 x 64 cm / 45 x 25 in

All diese Farben stehen für die erschütternde Erkenntnis, das Bild sei durch 40.000 Jahre Menschheitsgeschichte gegangen und habe dabei viele Herausforderungen überwunden. Dass dieser Weg nicht einfach war, wird deutlich, und verleiht dem Werk eine natürliche, raue Schönheit, die fasziniert und in ihren Bann zieht.

Das charakteristische Merkmal des Künstlers ist die geschwungene Hals-Rücken-Linie, die häufig am oberen Bildrand auftaucht, so auch in diesem Werk, allerdings kleiner und wie ein Zitat seiner selbst. Dahinter verbirgt sich ein Zusammenhang zwischen der Höhlenmalerei, wie zum Beispiel in Lascaux, und einem ganz eigenen Humor. Diese parietale Kunst prägt den Malstil und verleiht den Bildern eine tiefe, archaische Qualität.

Hier beginnt die Besonderheit des Bildes: Es spiegelt die Seele des Betrachters wider, wie es bisher nicht möglich war.

Die selbst hergestellte Farbe aus Eitempera mit Pigmenten unterstützt den Effekt. Die Farbtöne verändern sich mit dem Tageslicht. Das helle Azurblau des Morgens verwandelt sich bis zum Abend in ein dunkles Grün, das leuchtende Gelb des Tages verblasst zum Abend hin, und so geht es mit allen Farben durch den Tag. Dieses Bilderlebnis ist von einer besonderen Art.

Die Motive vervielfältigen sich plötzlich. Eine Ansammlung deutlich hervortretender Pinselstriche kann sowohl die Kontur eines Berges in der Ferne als auch ein Haus in der mittleren Bildebene darstellen und vieles mehr. Was das Auge entdeckt, seien es Figuren, Tiere oder Pflanzen, spiegelt letztendlich auch die Psyche der Betrachtenden wider. Das Bild wird zur Psychoanalyse für weltgewandte Betrachterinnen und Kunstliebhaber, die hier Selbsterkenntnis durch Schauen erfahren.
Die Bildbetrachtung wird zur intensiven Übung.

Der Titel, der nicht ins Englische übersetzt werden kann, lautet ‚Überall‘, was zunächst einen Ort meint, der überall sein kann, aber auch bedeutet, dass alle Orte, dieses ‚Überall‘, im Bild möglich ist. Auch das Weltall ist mit einbezogen.
Ein faszinierender Gedanke, ein aufregendes Abenteuer.
Im Titel, der bewusst in der deutschen Sprache gewählt ist, findet sich ebenso die Vielfalt der Bedeutungen. Der Titel ‚Überall‘ weist auf die Mehrdimensionalität des Werkes hin und lädt ein zu einem Abenteuer der Selbsterkenntnis und der Weltbetrachtung.
Ein gelungenes Werk.